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Bruckner und die Welt Was geschah in der Welt zwischen 1824 und 1896, und wie mag Bruckner diese Ereignisse wahrgenommen haben?

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Alt 25.02.08, 20:27   #1 (permalink)
"Bruckners Wesen"
 
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Bruckner-Chronik 1841

Anton Bruckner - Linz / Windhaag (Böhmisch-Windhaag)
04. September: 17. Geburtstag

Beruf
03. Oktober: Dienstantritt als Schulgehilfe in Windhaag bei Freistadt (Dienstende: 19. Jänner 1843) Schullehrer: Franz Fuchs (*1787 in St. Thomas am Blasenstein, gest. 1860 in Windhaag) ist seit 1822 Schulmeister in Windhaag, gleichzeitig auch Messner, Organist, Musiklehrer, Nebenerwerbslandwirt. Sein schwieriger Charakter bereitet auch Pfarrer Schwinghaimb Unbehagen

Schulbildung
30. Juli: Abschluß des Präparandenkurs für Trivialschullehrer in Linz (siehe Bruckner-Chronik 1840)
16. August: Datum des Zeugnisses, enthält acht "Sehr gut" und 14 "Gut"

Musikalische Ausbildung:
15. Oktober 1840 - 18.08.1841: Linz
Unterricht bei Johann August Dürrnberger (1800-1880, von Beruf Rechnungsbeamter der oberösterreichischen Landesregierung, studiert nach Gymnasialzeit in Kremsmünster am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, schließt mit dem dort verliehenen Titel Professor ab; Organist an der Linzer Minoritenkirche) - Bruckner bekommt seine erste systematische Unterweisung in Harmonielehre. Dürrnbergers Vorgehen im Unterricht ist in seinem "Elementar-Lehrbuch der Harmonie- und Generalbaßlehre" (Linz 1841) überliefert, das Bruckner so sehr schätzt, daß er es bis ins Alter seinem eigenen Unterricht zugrunde legt.
30. Juli: Zeugniss - Prüfender der musikalischen und musiktheoretischen Kenntnisse ist Johann August Dürrnberger - enthält zwei "Sehr gut" und "in dem praktischen Theile", d.h. Orgelspiel ein "Gut" (was Bruckner sehr kränkt)
Windhaag, ab August: ist auf Selbststudium angewiesen.

MUSIK - Österreich
Wien:
Erstmals erscheint die "Allgemeine Wiener Musikzeitung", herausgegeben von August Schmidt. Bis 1848 enthält die Zeitschrift regelmäßig nicht nur allgemein musikalischen Lese- und Wissensstoff, sondern auch Kritiken und Berichte.
22. April - Salzburg:
In Salzburg wird der "Dom-Musik-Verein und Mozarteum" gegründet; 40 Musiker werden engagiert, die Leitung der Aufgaben übernimmt der aus Schlesien stammende Alois Taux, der zuvor in Graz als Geiger und Hornist, später in Linz als Kapellmeister tätig ist. Als erste große Veranstaltung wird 1842 die Errichtung des Mozart-Denkmals gefeiert. 1856, Zentenarfeier von Mozarts Geburt - Teilnahme Bruckners als ausübendes Mitglied der Linzer Liedertafel "Frohsinn"
September - Wien:
Der deutsche Komponist und Dirigent Otto Nikolai (1810-1849) wird Erster Kapellmeister am Hofoperntheater in Wien.
November - Wien:
Der 1829 geborene Russe Anton Rubinstein macht bei seinem ersten Auftreten als Wunderkind Furore.

TODESTAGE
16. Oktober, Neapel: Domenico Barbaja (*1778, Mailand), Opernunternehmer.
Barbaja ist der erfolgreichste Impresario des 19. Jahrhunderts. Er hat als Kellner begonnen, ist dann Zirkusdirektor und macht später als Opernunternehmer Geschichte. 1816 kommt er mit einer italienischen Operntruppe nach Wien und entfacht mit Werken Gioacchino Rossinis ein wahres Rossini-Fieber in Wien (Das Wiener Publikum hat stets eine Vorliebe für Sensationen gehabt. Die Begeisterung für den italienischen Opern-Zauberer, die 1816 beginnt und über nahezu 20 Jahre anhält, hat dennoch nicht ihresgleichen in der Geschichte der Stadt. Das Rossini-Fieber packt alle, die vornehmen Musikfreunde aus Adel und Bürgertum ebenso wie den kleinen Opernfreund. Innerhalb von neun Jahren werden in Wien 25 verschiedene Opern von Rossini gespielt, die meisten von ihnen sowohl im italienischen Original wie auch in deutschen Übersetzungen). 1821 pachtet er das Wiener Hofoperntheater für acht Jahre, gleichzeitig führt er das Kärntnertortheater und das Theater an der Wien sowie die Scala in Mailand. Für Barbaja komponieren Rossini, Donizetti, Bellini und C.M. von Weber.

MUSIK
- Rossini: "Stabat Mater"
- Schumann: 1. Symphonie B-Dur ("Frühlingssymphonie")
- A. Sax erfindet Saxophon (findet zunächst Eingang in die frz. und engl. Militärmusik)
- Antonin Dvorak, tschechischer Komponist geboren (gest. 1904)

GEISTIGES LEBEN
- Carlyle: "Über Helden und Heldenverehrung" (engl.)
- L. Feuerbach: "Das Wesen des Christentums" (kritisch, naturalist. Pantheismus)
- Schopenhauer: "Die beiden Grundprobleme der Ethik"
- Samuel Smiles: Rede über die Bedeutung der politischen Erziehung in den Mechanics Instituts (Berufsschulen) in Leeds

Literatur
- James Cooper: nordamerik. Schriftsteller, "Lederstrumpf" (Indianererzählungen seit 1823)
- Eichendorff: "Die Glücksritter" (Novelle)
- Gotthelf: "Uli der Knecht" (Schweiz. Erziehungsroman)
- Poe: "Der Mord in der Rue Morgue" (u.a. nordamerik. Kriminalgeschichten)
- Marryat: "Sigismund Rüstig" (engl. Roman)

Bildende Kunst
- Pierre Auguste Renoir, französischer Maler geboren (gest. 1919)
- L. Richter: "Genoveva"
- Karl Friedrich Schinkel, deutscher Baumeister und Maler gestorben (*1781)
- Verein Berliner Künstler gegründet (1856 Allgemeine Deutsche Kunstgenossenschaft)

POLITIK
- Britisch-afghanischer Krieg

WISSENSCHAFT, TECHNIK
- Bessel bestimmt genaue Erdgestalt
- Braid entdeckt die Hypnose
- Kölliker: Samenfäden befruchten Ei
- L. Oken: "Naturgeschichte für alle Stände" (Beginn des populärwissenschaftl. Schrifttums)
- Fr. Voigtländer: kinematographisches "Lebensrad" ("Zauberscheibe") und photograph. Metallkamera mit Petzval-Objektiv

TÄGLICHES LEBEN
- Borsig liefert erste Lokomotive
- Thomas Cook arrangiert erste verbilligte Gesellschaftsreise für seinen Mäßigkeitsverein
- England führt genormtes Schraubengewinde nach J. Witworth ein
- Engl. satirisches Witzblatt "Punch" gegründet
- Eröffnung des Zoologischen Gartens in Berlin
- Beginn der Maindampfschifffahrt
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Alt 26.02.08, 22:40   #2 (permalink)
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Windhaag bei Freistadt

Markt an der Nordgrenze Oberösterreichs, eine dem Stift St. Florian inkoporierte Pfarre; Einwohner: 1869: 228, 1995: 1800
Pfarrer 1831-1843: Franz von Schwinghaimb (* 1790 in Linz, gest. 1850 im Stift St. Florian)
Schullehrer: Franz Fuchs (*1787 in St. Thomas am Blasenstein, gest. 1860 in Windhaag) ist seit 1822 Schulmeister in Windhaag, gleichzeitig auch Messner, Organist, Musiklehrer, Nebenerwerbslandwirt. Sein schwieriger Charakter bereitet auch Pfarrer Schwinghaimb Unbehagen.

Bruckner hat in diesem Umfeld die seinerzeit üblichen Hilfsfunktionen in Kirche, Schule und Landwirtschaft auszufüllen. Für seine schulischen Leistungen bekommt er bei der Schulinspektion im Juni 1842 in Summe sehr gute Noten.

Der Unterricht von etwa 130 Schülern, aufgeteilt auf Vormittags- und Nachmittags-Schicht, erfolgt im rund 44 qm großen Schulzimmer der "alten " Schule (heute Windhaag Nr. 7), deren Wohntrakt wegen arger Bauschäden seit Juli 1841 behördlich gesperrt ist, sodaß Bruckner und Familie Fuchs vorübergehend im Haus Nr. 24 Unterkunft finden.
Bruckner erhält wie seinerzeit üblich beim Schulmeister Quartier und Kost, letztere nicht immer nach seinem Geschmack, dazu monatlich 1 oder 2 fl C.M. Bargeld und vielleicht einen Teil der "kleinen Stola" ("Stolgebühren", benannt nach der Stola des Priesters, werden für kleinere und größere liturgische Dienste eingehoben).
Hunger und drückende Not sind somit für ihn kein zwingender Grund, zum Tanz aufzuspielen.
Einer durchaus anzweifelbaren Überlieferung nach läßt er mit brennenden Kerzen beklebte Krebse ("Lichterkrebse") im Ortsfriedhof zum Schrecken ängstlicher Leute herumkriechen.

Bei der musikalischen Weiterbildung ist er auf Selbststudium angewiesen. Auf der Kirchenorgel darf er jedoch nicht sooft spielen, wie er es sich erwünscht. Von Kompositionen ist nur die "Windhaager Messe" (Messe in C-Dur) erhalten. Als Geiger ist er mit Unterhaltungs- und Tanzmusik bei Gleichgesinnten, geselligen Zusammenkünften und ländlichen Unterhaltungen sowie in Gasthäusern anzutreffen.
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Alt 28.02.08, 20:03   #3 (permalink)
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Musizierpartner in Windhaag

Haus Nr. 43 - kinderreiche Weber-Familie des Johann (ca. 1802-1868) und Zäzilia Süka (ca. 1800-1879).
Musiziert dort im Duo bzw. Trio, kann auf dem Clavicord üben (steht heute im Bruckner-Geburtshaus Ansfelden) und bereitet deren Sohn Franz (*1828 in Windhaag, gest. 1884 als Oberlehrer in Mattighofen) auf den Besuch der Präparandie vor.

Haus Nr. 10 / Felbermühle - sein Violinschüler Joseph Jobst (1832-1892)
Diese angesehene und weitverzweigte Bäcker-Familie spielt im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben von Windhaag über Jahrzehnte eine führende Rolle.

Haus Nr. 30 - der Flöte spielende Wundarzt und Geburtshelfer Karl Beczey (auch Beszei, Besei, etc., 1810-1862).

Im entfernter gelegenen Leitmannsdorf spielt Bruckner oft mit dem Bauernsohn Anton Preinfalk (1825-1895) zusammen.

Als Partner beim Landler-Geigen werden auch die Brüder Anton und Johann Mauer (auch Maurer) genannt, die aber noch nicht identifiziert werden konnten.

Aufschlußreiche Einblicke in das Ländler-Repertoire, aus dem Bruckner und seine Freunde schöpfen, bieten mehrere in Abschrift und Kopie überlieferte Notensammlungen (heute im Oberösterreichischen Volksliedarchiv, Linz)
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